„Man weiß nicht mehr ob man deswegen weinen oder lachen soll!“

Seit mittlerweile knapp zwei Wochen schaue ich jeden Tag für einige Stunden den israelischen Nachrichtensender ‚Arutz 2 Hadashot‘. Und ich fange langsam aber sicher an zu verstehen, warum man in Israel die tendenziös anti-israelische mediale Berichterstattung in Europa nicht wirklich ernstnehmen kann.

Jeden Abend finden bei ‚Arutz 2 Hadashot‘ (vergleichbar mit N24 oder n-tv) mehrere Talkrunden mit allen Vertretern des politischen Spektrums Israels statt. Und wenn ich ‚alle‘ sage, dann meine ich auch wirklich alle. Da sitzen arabische Knessetabgeordnete von Balad (die arabische Partei) neben Politikern von HaBayit Ha’Yehudi (die Partei von Wirtschaftsminister Bennett, die gerne als ‚rechtsnational‘ in deutschen Medien tituliert wird) und diskutieren kontrovers. Unterstützer von Meretz (vergleichbar mit der LINKSPARTEI) debattieren heftig mit Vertretern von Likud (Netanyahus Partei). Sie streiten über die Legitimität der Operation der IDF. Sie diskutieren über die moralische Verantwortung Israels. Sie sprechen über zivile Opfer unter den Bewohnern von Gaza. Der Zuschauer bekommt so die gesamte Bandbreite der Meinungen in der israelischen Gesellschaft zu sehen.

Mehrmals am Tag finden im Studio von 'Arutz 2 Hadashot' Gesprächsrunden mit Politikern, Prominenten und einfachen Bürgern aus dem gesamten politischen Spektrum statt. Photo Credit: Screenshot reshet.tv

Mehrmals am Tag finden im Studio von ‚Arutz 2 Hadashot‘ Gesprächsrunden mit Politikern, Prominenten und einfachen Bürgern aus dem gesamten politischen Spektrum statt.
Photo Credit: Screenshot reshet.tv

Auch prominente Israelis, die für oder gegen die Aktion der IDF sind, kommen zu Wort. Zudem wird die Sicht der arabischen Israelis nicht aussen vor gelassen. Erst gestern waren zwei bekannte arabische Schauspieler mit zwei jüdischen Schauspielern im Studio zu Gast und sprachen über die Auswüchse in den sozialen Netzwerken, vor allem im Hinblick auf offensichtlich rassistische Seiten und Kommentare.

Es wurde kontrovers diskutiert was noch ‚legitime Kritik‘ ist und was unter Rassismus fällt. Dass ausgerechnt einer der beiden arabischen Schauspieler, die beste Aussage zu dem Thema traf, war bezeichnend. Er sagte – sinngemäß – dass Kritik von beiden Seiten legitim sein muss. Aber es gibt eine Grenze die nicht überschritten werden dürfe. Man würde schließlich in einer demokratischen Gesellschaft leben, wo auch andere Meinungen respektiert werden müssen, selbst dann wenn man damit nicht einverstanden sei. Aber Sätze wie „Araber sind Verräter“ und „Tötet die Araber“ sind ebenso schlimm wie freudige Posts über gefallene IDF-Soldaten. Und das muss man ansprechen dürfen ohne gleich von einem Online-Mob angegangen zu werden.

Ein Gesprächsrunde bei 'Arutz 2 Hadashot' u.a. mit dem arabischen Knessetabgeordneten Ahmad Tibi (re.) Photo Credit: Screenshot reshet.tv

Ein Gesprächsrunde bei ‚Arutz 2 Hadashot‘ u.a. mit dem arabischen Knessetabgeordneten Ahmad Tibi (re.)
Photo Credit: Screenshot reshet.tv

Neben solchen Gesprächsrunden, werden ständig Berichte aus Gaza gezeigt. Nein, ich meine nicht über Aktionen der IDF (wobei selbstverständlich diese auch gezeigt werden), sondern Berichte über getötete Zivilisten, Familien die von einem Augenblick auf den nächsten von der Erdfläche ausgelöscht wurden. Es wird deutlich auch die Frage gestellt ob immer der Zweck die MIttel heiligt. Ausserdem gibt es regelmässig einen Blick auf die Berichterstattung der angrenzenden arabischen Staaten. Ja, selbst dieses virale Video des Al-Jazeera Reporters, der bei einer Liveschaltung in Tränen ausbricht, wird ohne Zynismus gezeigt.

Vor allem im Hinblick auf die israelische Berichterstattung über diesen Krieg, erscheint das was in deutschen Medien stattfindet noch erbärmlicher und trauriger als zuvor. Von ausgewogener Berichterstattung ist hier nichts zu sehen, oder kaum. Sog. ‚Nahostexperten‘ haben keine Hemmungen mehr die israelkritische Maske fallen zu lassen und sich einseitig antiisraelisch zu äussern. Die Sender verkaufen das als ‚objektive Meinung‘. Beinahe alle Israelis, die zu ‚Protecitve Edge‘ in deutschen Medien zu Wort kommen, zählen sich selbst zum linken Spektrum der israelischen Gesellschaft und sind naturgemäß immer kritisch wenn es zu der konsverativen Regierung Netanyahu’s kommt. Diese werden dann als – wissend oder unwissend – Beweis für die Illigitmität der Aktionen Israels angeführt. Nicht zuletzt von solchen Experten wie Ruprecht Polenz auf ihren Facebookseiten.

Während weltweit – ob ABC, FOX News, CNN, BBC und selbst Al-Jazeera – Gespräche mit den unmittelbar Beteiligten auf israelischer Seite geführt werden – seien es Vertreter der Regierung Israels wie Bennett oder ein Major der IDF oder Netanyahu selbst – werden hierzulande fast ausschließlich die ‚Experten‘ zu Wort gebeten, die die eigenen Vorurteile über Israel bestätigen. Sei es ein Todenhöfer, Lüders oder ein Professor von der Mainzer Universität und ähnliche Figuren, die mit ihrem Unwissen und der offensichtlichen anti-israelischen und bisweilen antisemitischen Einstellung, eher des- als informieren.

Ein wunderbares Beispiel hierzu, konnte man gestern Abend in den Tagesthemen beobachten. Als der Bericht über die Lage in der Region zuende ging, erklärte Thomas Roth, dass nach der Sendung die aktuelle Vertreterin der PA in Deutschland und der ehemalige Botschafter Israels Avi Primor – bekennender Kritiker Netanyahus – für die Fragen der Zuschauer in einem Chat zur verfügung stehen. Warum hatte man den ehemaligen und nicht den aktuellen Botschafter Israels in Deutschland eingeladen? Mit der palästinensischen Vertreterin ging es doch auch.

Dass ausgerechnet die Medien einer der beiden Kriegsparteien (Israel) den unbeteiligten westlichen und deutschen Medien vorführen wie man eine relativ ausgewogene Berichterstattung zustande bringt, sagt nicht nur viel über das starke Fundament der israelischen Demokratie aus, sondern verdeutlicht vor allem den traurigen Zustand der Medien hierzulande.

Als ‚Arutz 2 Hadashot‘ heute einen Ausschnitt aus dem jordanischen Fernsehen zeigte in dem der Moderator eine israelische Flagge verbrannte, sagte der israelische Nachrichtenmoderator anschließend: „Man weiß nicht mehr ob man deswegen weinen oder lachen soll“. Er hätte damit auch ohne weiteres die Berichterstattung in den deutschen Medien meinen können.

Photo Credit Titelbild: Screenshot reshet.tv

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